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Franz Trampusch
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Nach einem Gespräch mit dem Zeitzeugen Franz Trampusch, durchgeführt vom Büro der Erinnerungen am Landesmuseum Joanneum Graz am 20.4.2007.
Franz Trampusch wurde am 26.2.1934 geboren. Er lebte als Kind mit seiner Mutter und seiner Schwester im Sperrgebiet und erlebte dort den Alltag.
Er ist der wichtigste Zeuge und Betreiber dieses Projektes.
Den ersten Eindruck vom Konzentrationslager habe ich gehabt, da hat mich meine Mutter zum Sulmwirt in Aflenz mitgenommen. Dort hat der damalige Kreisleiter der NS, ein gewisser Herr Stift aus Leibnitz, die Bevölkerung aufgeklärt, dass es hier zu einem Arbeitslager kommen wird, und dass es dort nur die Schwerstverbrecher und Mörder gibt und jeder Kontakt diesen Menschen per Todesstrafe verboten ist, weil sie sehr gefährlich sind.
Und dass man sie in keiner Weise anspricht, unterstützt oder überhaupt irgendeinen Kontakt mit ihnen aufnimmt. Das war sozusagen der erste Eindruck und die Leute waren auch sehr eingeschüchtert.
Später, im Winter 1943 haben die Leute, die das Lager gebaut haben, schwere Maschinen antransportiert, für die die Sulmbrücke in Aflenz zu schwach war, und da hat man einfach die Häftlinge ins Wasser gestellt, mit Holzstämmen zum Unterstützen der Brücke, damit sie das Gewicht aushält. Nur waren es minus 5, 6 Grad oder noch kälter, die Leute sind also der nach der Reihe umgefallen [...]
Wir haben da mitten drinnen gelebt, nicht als Häftlinge natürlich, sondern man hat rund um die Eingänge der Römerhöhlen eine Postenkette gebildet und innerhalb der Postenkette waren die Baustellen, und die Zivilbevölkerung wurde nicht ausgesiedelt. Das heißt, die Landwirte, die dort am Eingang der Stollen waren, sind dort verblieben.
Man wollte ja so tun als ob das ganz normale Verhältnisse wären, es waren auch die Eingänge und Baustellen mit Tarnnetzen zugedeckt, so dass die Luftaufklärung nicht sehen konnte, dass dort irgendetwas Größeres passiert [...]
Und die Häftlinge haben kaum was zum Essen gekriegt, also i kann mich erinnern, das war vielleicht einmal am Tag, haben sie Suppe gekriegt, aus Rüben oder Kartoffeln, und die sind bei der schweren Arbeit dann auch vielfach umgefallen aus Entkräftigung und sind an Ort und Stelle erschlagen worden. Also, i hab allein als Kind mehr als 40 Exekutionen erlebt, weil ich mitten drinnen gewohnt hab.
Und des war also, wie gesagt, eine sehr schlimme Zeit, und es hat zahlreiche Zwischenfälle gegeben, die vielleicht Außenstehende gar nicht so mitgekriegt haben, weil wir durften drüber ja nicht reden. Nur ein kleines Beispiel und dadurch bin ich einfach zu so viel Exekutionen gekommen. Meine Mutter hat sich einmal furchtbar aufgeregt. Da hat ein Häftling vor lauter Hunger von einem Zwetschkenbaum Blätter heruntergerissen und gegessen. Er wurde an Ort und Stelle erschlagen wegen Beschädigung deutschen Eigentums, obwohl der Baum meiner Mutter gehört hat. Und sie hat sich dann darüber aufgeregt und wurde selbst eingesperrt, weil das war ja verboten, darüber zu reden. [...] Man hat die Mutter dann wieder freigelassen, aber unter der Bedingung, dass ich geholt werde zu Exekutionen, also der Sohn, damit die Mutter schweigt und sie hat dann auch kaum mehr darüber geredet. Sie hat viel viel später erst wieder darüber geredet, wie viele andere in Aflenz auch, vor lauter Angst. Und so wurde ich dann zu Exekutionen geholt, nur damit die Mutter still ist. Und das hat funktioniert. Da hat sie sich nicht mehr getraut zu reden.
Ja, und da waren viele Anlässe. Meistens, dass jemand nicht mehr arbeitsfähig war, dass er erschlagen wurde oder dass jemand einfach aufgefallen ist. Also aus irgendeinem Grund. Wobei hier a Unterschied war, die SS hat erschossen, also das heißt, sie haben eher jemanden erschossen wegen angeblicher Flucht, also da hab ich auch Zwischenfälle erlebt. [...]
Ich habe aber auch erlebt, bei zwei SS-Leuten, die haben sich erhängt, weil sie gesagt haben, sie halten das nicht aus, was sie da miterleben [...] Und am ärgsten waren eigentlich die Kapos, das war nicht die SS selbst, sondern die Kapos, das waren selbst Häftlinge aber alle mit dem grünen Zeichen, also das heißt, das waren Berufsverbrecher, die schon gewohnt waren, wie man sich durchsetzt in einem Gefängnis und die sich sehr schnell zu Kapos gemacht haben. Und die waren eigentlich verantwortlich für die Arbeitsmoral auf der Baustelle. Und die waren eigentlich die, die dann die Häftlinge erschlagen haben mit Zaunlatten oder mit irgendetwas, wenn sie nicht mehr arbeiten konnten. Also nach meiner Erinnerung waren etwa 2/3 der Todesfälle so, dass sie von Kapos erschlagen worden sind und 1/3 von der SS erschossen. [...] Und dann im Jänner 45 waren die Tieffliegerangriffe auf die Eisenbahn, da konnte man nicht mehr transportieren, und dann ist ein Massengrab in der Nähe des Lagers also ausgehoben worden und man hat dann im Mai 45 die Leute exhumiert. Net also das war so dann die letzte Aktion und im April 45, i glaub am 2. April, sind die dann zu Fuß losmarschiert unter SS-Bewachung, die Überlebenden, nach Ebensee, also in die englische oder amerikanische Zone. [...] Man hat vorher noch alle liquidiert, die nicht marschfähig waren. Und dann hat es noch einen Fluchtversuch am Gaberl gegeben. Da sind 50 Leute etwa von der Gruppe weggekommen, und teilweise wieder eingefangen worden, und erschossen worden, teilweise aber davongekommen. Das ist das, was ich so in Erinnerung hab vom Konzentrationslager selbst.
Es war so, dass wir versucht haben, den Leuten schon was zum Essen zu geben, aber es war, wie gesagt, streng verboten und meistens ist der Betroffene dann erschlagen oder erschossen worden. Also man hat ihm unter Umständen nichts Gutes getan, wenn man draufkommen is. Wir haben aber in dem engen Stollen, wo wir gewohnt haben, also am Eingang des einen Stollens, wir haben im Stollen einen Kartoffelkeller gehabt und wir haben dort immer also Kartoffeln oder andere Lebensmittel deponiert. Dort konnten wir ungesehen Leuten etwas geben. [...]
Ja, es hat auch Fluchtversuche gegeben, also i hab auch selber ein paar erlebt, aber sie waren eigentlich immer erfolglos. Einmal ist einer ein Stückl weiter weg gekommen, den hat dann ein Landwirt mit der Mistgabel festgehalten und der ist dann hoch dekoriert worden nachher von der NS-Verwaltung, weil er halt einen Häftling an der Flucht gehindert hat. Sonst... Ja, es hat noch einen gegeben, ein gewisser Herr Neubauer aus Ehrenhausen, der war Frächter und der hat Material geführt für den Rüstungsbetrieb. Und der hat einige Male unter der Plane beim Rausfahren aus dem Stollen Häftlinge mitgenommen und die sind davongekommen. Nur er selbst ist dann einmal bei so einem Fluchthilfeversuch entdeckt worden, ist selbst ins Konzentrationslager gekommen, hat aber überlebt. Also das ist der einzige Fall, der mir bekannt ist, wo Fluchtversuche was genützt haben. Um einen hohen Preis. Sonst eigentlich nicht.
Es hat in Aflenz zwei Lager gegeben. Und das ist bewusst von manchen Menschen verwechselt worden. Es war dieses Konzentrationslager, das war so streng abgeschirmt, zwei Reihen Stacheldraht, da konnte man nicht raus oder rein. Und es hat ein Arbeitsdienstlager gegeben, so eineinhalb Kilometer weiter weg, und dort waren eigentlich die Facharbeiter untergebracht oder die, die dort zur Arbeit verpflichtet waren. Und die Leute dort durften schon aus- und eingehen, sie haben nur einen Ausweis vorzeigen müssen. Da hats eine Kontrollstelle gegeben an der Straße und dann haben viele Leute gesagt, na es war ja nicht so arg, die Leute konnten sich ja frei bewegen. Nur die haben alle dann die Leute dieses anderen Lagers gemeint, weil wie gesagt das Konzentrationslager selbst haben sie gar nicht erlebt oder sind nicht in die Nähe gekommen. [...]
Das Außenlager ist dann sehr rasch abgerissen worden und zwar haben primär die Landwirte, die ja vorher enteignet worden sind, das Material dann verwendet oder verkauft. Die Baracken selbst waren zum Großteil aus Holz, da waren nur ein paar gemauerte Objekte [...]
Aber das eine ist unsere verfallene Ruine, des war des sogenannte Wächterhaus, also die Kontrollstelle, dort durfte man ohne Ausweis nicht mehr weiter. Das zweite war a Personalhaus, also a Verwaltungshaus, das ist heute ein Siedlungshaus, also da sind Familien drin, das gehört der Gemeinde Wagna. Das dritte war das sogenannte Kesselhaus, also sie haben ja eine Dampf- und Warmwasseranlage gehabt, da in dem Stollen, das ist a privat, also umgebaut worden. Und dann steht noch a riesiger Lüftungsschacht aus Beton, mitten im Wald. Weil man hat ja große Ventilatoren eingebaut gehabt, man hat eine trockene Luft gebraucht für die Produktion und man hat das also mit riesigen Ventilatoren bewerkstelligt. Das sind so die Bauten, die es heute noch gibt. Aber vom Lager selbst, da ist also überhaupt nichts. Da ist ein Maisacker zur Zeit.
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